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(BAG, Beschluss vom 25.06.2014 , Az.: 7 ABR 70/12)
Einen „sachverständigen Vertreter“ sieht das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nicht vor. Betriebsräte stehen daher regelmäßig vor der Frage, ob ein Rechtsanwalt nach § 40 Abs. 1 BetrVG (außergerichtlicher und gerichtlicher Vertreter) oder nach § 80 Abs. 3 BetrVG (sachverständiger Berater) zu beauftragen und wie der entsprechende Betriebsratsbeschluss zu formulieren ist. Weiterhelfen kann hierbei eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, das in seinem Beschluss vom 25.06.2014 (Az.: 7 ABR 70/12) näher dargelegt hat, wie die beiden Regelungen zur Kostentragung voneinander abgegrenzt werden können.
In dem der BAG-Entscheidung zu Grunde liegenden Fall stritten die Betriebsparteien über die Reichweite des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG (Betriebliche Lohngestaltung und Leistungsbezogene Entgelte) im Zusammenhang mit einer „Leistungszulage“. Der Betriebsrat beauftragte daher über § 80 Abs. 3 BetrVG einen Rechtsanwalt. Dieser sollte in einem Rechtsgutachten klären, welche Rechte dem Betriebsrat insoweit zustehen und wie er diese Rechte durchsetzen kann.
Sofern die Betriebsparteien außergerichtlich über die Mitbestimmung in einer konkreten Angelegenheit streiten, sei die Beauftragung eines Sachverständigen im Sinne des § 80 Abs. 3 BetrVG nicht der vom Gesetz vorgesehene Weg, so das BAG. Wie es weiter heißt, könnten über § 80 Abs. 3 BetrVG nur dann sachkundige Personen durch den Betriebsrat herangezogen werden, wenn der Betriebsrat gerade nicht in einem Verfahren vor der Einigungsstelle oder vor Gericht vertreten werden solle, sondern soweit es um die Beratung des Betriebsrats außerhalb solcher Verfahren gehe. Als Beispiele für die Anwendbarkeit des § 80 Abs. 3 BetrVG zählt das BAG die Ausarbeitung des Entwurfs einer komplexen Betriebsvereinbarung oder eines schwierigen Interessenausgleichs auf.
Gehe es dem Betriebsrat hingegen um die Einleitung und die Durchführung von Einigungsstellen- oder arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, mit denen der Betriebsrat ein von ihm in Anspruch genommenes Mitbestimmungsrecht ausüben oder durchsetzen wolle, so sei nicht die Vorschrift des § 80 Abs. 3 BetrVG, sondern die Vorschrift des § 40 Abs. 1 BetrVG anwendbar, wie das BAG in den Entscheidungsgründen ausführt. Dies gelte auch, wenn ein Rechtsanwalt gegenüber dem Arbeitgeber ein Mitbestimmungsrecht außergerichtlich geltend mache oder jedenfalls im Rahmen eines konkreten Konfliktes erwäge, dies zu tun.
Dies hatte das BAG für eine bestimmte Fallkonstellation bereits entschieden (vgl. BAG vom 15.11.2000 – 7 ABR 24/00). Anknüpfend an den Verweis auf diese BAG-Entscheidung führt das BAG in seinem Beschluss aus Juni 2014 weitergehend aus: Über § 40 Abs. 1 BetrVG könne der Betriebsrat darüber hinaus einen Rechtsanwalt beauftragen, der im Rahmen eines solchen Mandats zunächst das Bestehen und den Umfang des in Betracht kommenden Mitbestimmungsrechts prüfe. Im Gegensatz zu einer Hinzuziehung eines Sachverständigen über § 80 Abs. 3 BetrVG werde in diesen Fällen über eine Anwaltsbeauftragung nach § 40 Abs. 1 BetrVG regelmäßig dem Interesse des Betriebsrats an der Klärung einer zwischen den Betriebsparteien streitigen Rechtsfrage weniger zeitaufwendiger, effizienter und in der Regel kostensparender Rechnung getragen.
Im Ergebnis dürfte diese BAG-Rechtsprechung die Arbeit im Betriebsrat erleichtern. Denn ein Rechtsanwalt kann nach § 40 Abs. 1 BetrVG selbst dann vom Betriebsrat zur außergerichtlichen und gerichtlichen Vertretung beauftragt werden, wenn sich das Betriebsratsgremium gar nicht sicher ist, ob überhaupt ein Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Pflichten aus dem BetrVG vorliegt. Diese Vorprüfung ist vom Beschluss der anwaltlichen Vertretung mit umfasst.